image

Vorurteile bestätigt. Heute: Neuköllner Kneipen.

März 29th, 2011|0 Comments

Ich hatte immer die Hoffung, dass man in Neukölln einfach mal mutig in eine beliebige Eckkneipe fallen könnte, um einen Schnaps zu trinken. Frei von Vorurteilen und Argwohn.

Nun musste ich ins “Schiller’s Eck”, um ein Paket abzuholen…

Mir ist schon etwas gruselig zumute, als ich die Tür öffne. Und siehe da- tatsächlich trete ich in eine Art Parallelwelt, in der Zombies regieren. Zombies und ihre Hunde. Große, kleine, zottelige, kahle. Und alle starren sie mich mit ihren blutunterlaufenen Augen an, als ich noch so in der Tür rumstehe. Jedenfalls glaube ich das. Es ist sehr rauchig und riecht nach alten, nassen Wollipullis von Humana.

“Guten Abend”, versuche ichs erstmal auf die höfliche Tour und wage dann den Vorstoß Richtung Bar. Die Barkeeperin mit der oldschool Dauerwelle zapft weiter Bier und glotzt. Jetzt muss schnell gehandelt werden. Ich greife in meine Tasche. Ein dünner Mann mit Halbglatze und Unterhemd hält seinen Hund davon ab mir ins Knie zu beißen. Wie lieb von ihm. Ich ziehe eine DHL-Karte hervor und sage “Ich wollte ein Paket abholen.”

Ein sehr alter Mann an der Bar grunzt leise ohne mich anzugucken. “Ein Paket”, wiederhole ich. Aus der Ecke kommen mir verdächtig riechende Nebelschwaden entgegen. Ein dicker Typ mit Halbglatze quarzt fröhlich und alleine vor sich hin. Das muss der Außenseiter der Truppe sein. Mir auf Anhieb sympathisch. Den essen die bestimmt als erstes auf, wenn ihnen die Hunde ausgehen.

Ein Schlägertyp gehobenen Alters kommt hinter der Bar hervor und nimmt mir den Paketschein ab. Ich lächle unsicher. Seine Lederweste verursacht in mir Unbehagen. Ebenso das ungleiche Pärchen, das sich an der Bar neben mir gegenseitig zulallt, zuqualmt und Kurze kippt. Es ist etwa 16 Uhr an einem Montag.

Zwei mittelgroße Hunde - einer mit Flecken, der andere sehr knochig – paaren sich in einer dunklen Ecke bei dem Plastikfic(k)us. Eine Dame schmeißt einen Tennisball nach den beiden und brüllt “Eeeey!”. Ich möchte mich inzwischen gerne selbst verstümmeln.

Die Lederweste kommt mit meinem Paket wieder. Und raucht. Ich nehme den Karton entgegen und sage brav danke. Der Typ glotzt nur. Dann drehe ich mich möglichst unauffällig um und gehe zur Tür. Einen kurzen Moment habe ich das Gefühl, dass sich alle neun Besucher und ihre zehn Hunde hinter mir zu einem riesigen Fleshmob aufgebaut haben, um mir die Eingeweide von hinten durch die Schulterblätter zu zerren.

Ich drehe mich blitzschnell um. Alle rauchen und lallen und die Hunde pimpern wieder.

Vielleicht möchte ich hier in Zukunft aber lieber doch kein Bier trinken gehen…

Tags: , , , , ,

Leave a Comment