Hierbei handelt es sich um eine unbezahlte Auftragsarbeit zum Thema: “Wieso verliebt man sich fast immer zur falschen Zeit am falschen Ort in die falsche Person?” Ein Hilferuf ereilte mich vor kurzem über das bekannte Medium Internet. Der kluge Kerl, um dessen Gefühle es hier geht, eröffnete mit den Worten “Jule, du mit so viel Lebenserfahrung…”.
Da hatte er mich.
Kurzes Résumé: Er hatte sich verliebt. In ein Mädchen. Aus Uganda.
Schlechte Nachrichten verpackt man ja bekanntlich in ein Sandwich aus Schmeicheleien und schönen Facts. Los geht’s, ich eröffne das Brot des Grauens:
Positiv anzumerken: Du hast dich verliebt! Das kann ja auch nicht jeder. Du hast ein Hirn, Rezeptoren und sogar Emotionen, die du eindeutig identifizieren und mit deinen Mitmenschen teilen kannst. Mit dir ist alles in bester Ordnung. Ich freue mich sogar für dich.
Schon mal vorweg: Auf deine Frage gibt es keine Antwort. Und selbst wenn, würde sie dir auch nichts nützen, denn du, mein Freund, bist verliebt.
Aber der Reihe nach.
Erstes To Do: Die Pro- und Contra-Liste. Absolute Zeitverschwendung, aber wirklich nötig. Frage hier natürlich: Sollte ich nach Uganda ziehen?
Auf der Pro-Seite sollten Dinge wie “immer schönes Wetter”, “überaus artenreiche Pflanzenwelt” und “Sie lebt dort” stehen, bei Contra eventuell “berufliche Verwirklichung unsicher”, “Easyjet fliegt nicht hin”, “Bürgerkrieg” und “Hunger”. Ich empfehle hierbei übrigens das praktische Excel-Template.
Eigentlich ist es egal, was auf dieser Liste steht, denn das Mädchen fällt viel doller ins Gewicht, als alle anderen Punkte. Wichtig ist es aber, diese Liste mit jemandem zu teilen, der einen erst auslacht und dann ordentlich den Kopf wäscht, bevor er seine eigene Version anfertigt.
Und auf der wird stehen: Nach Uganda zu ziehen ist Selbstmord. Und eigentlich weißt du auch, dass er Recht hat.
Also was folgt nun? Hoffentlich Einsicht. Uganda ist verdammt weit weg. Die Chancen, dass sich die tektonischen Platten in den nächsten sechs Monaten so verschieben, dass Afrika Holland verdrängt, ist meines Ermessens nach eher unwahrscheinlich. Ich bin aber kein Fachmann, korrigiert mich gerne, falls ich mich irre. Also knicke den Swahili-Kurs.
It’s not gonna happen.
Ein nicht zu verachtender Fakt: Man will immer das haben, was man nicht haben kann. Bei mir waren es früher Bananen in der DDR, heute ist es eine glückliche Beziehung mit Brandon Boyd. Inzwischen habe ich freien Zugang zu Bananen und sooo geil sind die Dinger gar nicht. An Brandon Boyd halte ich weiter fest. Unterschied ist natürlich, dass ich beides noch nie probiert hatte/habe.
Wenn man von der verbotenen Frucht schon genascht hat und es vorzüglich schmeckte, setzt hingegen diese oftmals verzerrte Glorifizierung des Vergangenen ein. Und die füttert die vermeintliche Gewissheit, dass in Uganda alles besser wäre als zu Hause. Dass das Leben noch viel mehr zu bieten haben müsste. Zu bieten hat. Man hat es ja selbst erlebt. Dabei verzichtet man großzügig auf alles, das man seit der Grundschule in Sachen Liebe schon gelernt hat. Hier wird auf das Herz gehorcht. Und das pocht beim Gedanken an Schmusi Schmusi.
Ein Alternativplan muss her. Und der heißt leider: Vergessen.
Jetzt fragst du dich sicherlich, wie genau man das macht. Hervorragende Frage.
Die Lösung liegt im ersten Moment klar auf der Hand. Umbringen. In der Badewanne, auf dem Dachboden, im Auto, im Wald.
Hoffentlich ist jemand bei dir, der dir erklärt, wie furchtbar unglamourös und schlecht für deine Laufbahn das wäre.
Da müssen wir anders durch.
Ablenken ist einer meiner Favoriten. Das macht jeder anders. Ich empfehle hier vor allem das Saufen. Batida Kirsch, Kristallweizen, Doppelkorn. Alles in einem Drink und das zwischen 10 und 0h stündlich verabreicht. Es spricht wirklich auch gar nichts gegen einen kleinen Flachmann auf dem Büroklo.
Insidertipp: Immer gut schütteln – der Kokoskram setzt sich sonst zu doll vom Bier ab.
Da gibt es jetzt bestimmt die Gesundheitsfreaks, die aufschreien. Für alle körperbewussten Trauernden kann man sich natürlich auch in die Arbeit schmeißen. Gedichte aus dem eigenen Blut. Aquarelle aus Tränen. Bücher aus Emotionen. Konzepte aus Kacke. Nur zu: Arbeit macht frei. (Ich entschuldige mich wirklich!)
Zu guter Letzt ist ein Weg aus der Trauer auch immer das Neu-Verlieben. Meistens klappt das ja nicht ganz reibungsfrei. Vor allem, weil man sich scheiße fühlt und auch so aussieht. An dieser Stelle kommt Ablenkungsthema Nummer 1 wieder in den Blickpunkt: das Saufen. Alkohol ist der Schlüssel zur Liebe.
Leider wissen wir ja alle, dass das nächste Girl der Notnagel sein muss, die persönliche Trauerbeauftragte, der Rebound. Auch eigentlich unfair.
Vielleicht solltest du alles mal ausprobieren. Wenn du nach drei Wochen leicht gelblich im Gesicht aussiehst, zwei Bücher geschrieben und eine neue Traumfrau getroffen hast, wirst du wahrscheinlich merken: Es hilft alles nichts, ich muss abwarten.
Uuuuuh. Abwarten. Das fällt schwer.
Aber irgendwann kommen die Botenstoffe im Hirn zur Ruhe. Wenn wir mal ehrlich sind, handelt es sich eh nur um einen chemischen Prozess in den Synapsen.
So. Jetzt schließe ich das Sandwich des Grauens mit diesem Fakt:
Du wartest nicht alleine. Wir warten und heulen mit dir. Wir mixen dir deine Drinks und verkuppeln dich mit allem, was zwei Beine hat. Weil wir dich lieben.
Bonustipp für alle Angehörigen von Betroffenen:
Was sagt man als guter Freund zu einem Besessenen?
Es gibt nichts zu sagen. Diese Lovestory wird kein Happy End haben. Alle wissen das. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz.
“Ist das da eine Warze auf ihrer Stirn oder nur ein großer Eiterpickel?“
“Also soo groß sind ihre Brüste nun auch wieder nicht.“
“Ach, trägt man die Hosen jetzt wieder so? Hatte ich gar nicht mitbekommen…“
Zuhören ist ein Weg in den Heilungsprozess. Das kann jeder gut. (Man muss ja nicht die ganze Zeit aufpassen… Ist eh immer dasselbe.) Die Kunst ist es, zu wissen, wann man die Schulter zum Ausheulen und wann den Gürtel zum Auspeitschen rausholt.
Zur Not geht auch immer ein sorgfältig vorbereiteter Prep-Talk. Dieser Monolog darf gerne auswendig gelernt und möglichst emotionslos vorgetragen werden:
“Sieh es mal so. Es gibt 7 Milliarden Menschen auf der Welt. Davon leben 82 Millionen in Deutschland, davon rund 42 Millionen Frauen. Von diesen Frauen sind 10%, also 4,2 Millionen zwischen 20 und 30. Hiervon sind wiederum etwas mehr als die Hälfte in Beziehungen. Bleiben 2.000.000 Frauen im richtigen Alter und Land. Wenn man davon jetzt alle Döflerinnen, Lesben, Verwandten, Sonderschülerinnen, Prostituierten, Exfreundinnen von Freunden und vor allem Trotteltussen aussortiert, ist man höchstens noch bei 200.000. Und das ist schon wohlwollend kalkuliert.
Müssen nur noch alle Damen abgezogen werden, denen du niemals begegnen wirst, und die (ganz wichtig) einfach total hässlich sind/stinken.
Bleiben meiner Rechnung nach ca. 20.000 potentielle Lebensabschnittsgefährtinnen. Bedeutet im Klartext: Bei nur 0,00027% aller Frauen, die du auf der Welt triffst, lohnt sich überhaupt ein Verlieben.
Ach nein, Moment… zur glücklichen Beziehung fehlt dann ja auch noch die emotionale Zustimmung des Gegenparts. Es ist aber auch eine Nadelsuche im Heuhaufen.
Also: Bei nur 0,0001% der Frauen darf man sich guten Gewissens verschießen. Die sind safe. Welche zu welchen gehört ist natürlich nicht so leicht bis überhaupt nicht zu identifizieren. Aber mal ehrlich – warum solltest gerade du dich in eine von den Richtigen verlieben?
Noch ein Bierchen?”
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