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“Ist das Carlo?” – “Nein, das ist bloß die Judo-Jule.”

Mai 14th, 2012|2 comments

Überall sind minderjährige Mädchen mit schwarzen Tanktops und Jungs mit Baggyhosen. Fast jeder trägt einen Jutebeutel. Aufschriften: “Nerdy Terdy Gang” oder “Make Love not Warcraft”. Ich sitze mit meiner Cola ganz hinten im Raum auf einer gepolsterten Bank und beobachte in Ermangelung an Freunden die Crowd.

Die Hälfte der Girls ist total hot: feine Poren, lange Haare, zu enge Shirts, zu kurze Shorts. Die andere Hälfte ist Gott sei Dank übergewichtig, trägt eine zu schmale, eckige Brille und hat fisselige Locken. So sah ich früher auch aus.

Rockstah und Band betreten die Bühne. Alle kreischen. Aufregend! Ich packe die Ohrstöpsel aus.
Die Minderjährigen sind absolut textsicher. Von vorne bis hinten, über Bridges und Hooks. Sind das Bratmaxe und Timbo da oben auf der Bühne? Vor den hunderten von Händen, die gegen die grellen Lichter Loser-Ls formen? Sehen zumindest genau so aus. Ich bin beeindruckt.

“Tötet den DJ, schreit ROFL im Club.”

Zwei Girls mit Glitzer im Gesicht hüpfen vor Freude, als ein Fast Food-Song angekündigt wird. Ich stopfe meine Stöpsel noch tiefer in die Ohren und wische mir den Schweiß von der Stirn. Hier ist Hiphop-Sauna der Extraklasse. Wie können die anderen sich nur bewegen bei dieser Luftfeuchtigkeit?

“Mach den Ladebalken. Aber ganz langsam.”

Nebelschwaden ziehen durch die Lichtkegel auf der Bühne. Der Bass wummt mir von den Füßen über das Herz bis hin in den Haaransatz. Selbst hier hinten läuft der Schweiß von den Wänden. Man sieht den Raum vor lauter Händen nicht. Ich schiebe meinen Mutter-Bling zurecht.

“Pack den Vibrator weg. Scheiß auf den harten Sex.”

Vor mir knutscht ein Pärchen. Die jungen Leute immer… Ich fühle mich alt. Ich bin alt. Immer, wenn mich einer der jungen Hüpfer komisch von der Seite anguckt, denke ich so laut ich kann: “Ich hab schon Bürger Lars Dietrich gehört, da konntest du das Wort Rap nicht mal schreiben. Und außerdem kenne ich die Band, Bitch!”

“Keiner kommt, keiner kommt, weil mich keiner mag.”

Ich fühle mich wie auf einem Klassentreffen von einer Schule, die ich nie besucht habe. Ich ziehe in einem Rutsch so viel Cola durch den Strohhalm, wie nur irgend möglich. Dann rülpse ich in mich hinein.

Auf einmal schubsen sich neben mir zwei Mädchen in abgeschnittenen Jeansröcken. Ich freue mich und gucke. Wenn auch nicht ganz ohne Angst, gleich ebenfalls gehauen zu werden. Egal. No Risk, no Fun.
“Verpiss dich mal, Mann, du Bitch!”, schreit die eine. Die andere guckt bloß angewidert und schweigt. Dann beeft die erste in die Runde: “Die dumme Fotze hat mir voll eine mit Absicht gehauen, Alter.” Ihre Stimme überschlägt sich. “Hure, ey. Hure!” Mit dem Finger piekt sie bei jedem “Hure” gefährlich nah in die Luft vor den Augen der Hure. Hure!

Dann kommt ein liebes Kind mit Hoodie und Pandabärengesicht auf die Bühne. Die Mädchen lassen voneinander ab und zücken ihre Handykameras.

“Hi Kids, ich bin Carlo.”

Ich fühle mich nicht angesprochen. Der Rest der Crowd schon. “Hallo!”, brüllen sie dem Panda mit den Armen zur Decke gehoben zu. Mir ist heiß. Ich gehe zur Bar und bestelle noch eine “Crola”. Weil ich es witzig finde. Glücklicherweise geht dieser Schenkelklopfer irgendwo zwischen hüpfenden Mädchen und Bässen unter.

“Ab jetzt wird alles easy.”

Inzwischen habe ich ein Pornoshirt abgegriffen und fühle mich ein kleines bisschen integrierter als vorhin. Kennen tue ich immer noch keinen. Zum Schluss gibt es eine grobe Konfettiexplosion in Pastell. Das ist mir natürlich was.

Nach dem Konzert sitze ich auf einer Couch im Raucherraum. Neben mir versucht das betrunkenste Mädchen der Welt, ihren Kopf aufrecht zu halten. Ich warte darauf, dass die Menschen, die ich kenne, mich hier endlich aufgabeln. Sam kommt vorbei und zeigt seine neue Dauerwelle. Schon mal ein guter Anfang.

Dann ruft Timbo an. Im Hintergrund kreischen Mädchen. “Ist das Carlo?”, wollen sie wissen. “Nein, das ist bloß die Judo-Jule”, höre ich Tim sagen. Dann kreischen sie nicht mehr. Wie unfreundlich. Wissen die denn nicht, wer ich bin? Dass ich mal von den Porn Rhyme Killaz gefeatured wurde?

 

Später treffe ich zwischen Helium und  Wopfel den Panda. Dieses Mal ohne Maske. Es ist ein kleiner Typ, so an die 40, mit Bäuchlein. Außerdem ist er Italiener, hat zusammengewachsene Augenbrauen und lichtes Haar. Girls, der könnte euer Vater sein. Nehmt lieber diesen einen Boy aus der Parallelklasse.

Und auf der Bühne wirkte er immer so athletisch. Unfassbar, was so eine Maske ausmacht…

 

 

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  1. Crola – ich schmeiss mich weg!

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  1. Sarg bei Roy. | mymagictypewriter.

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