24 Stunden bei jetzt.de und ich bin befreundet mit einem Pimmel, einem Shakespeare, der mich beleidigt, und einem rosanen Ei. Ob das die Zielgruppe ist, die ich mit meinen Texten erreichen möchte, ist fragwürdig…
Immerhin haben andere meinen Elitepartnertext mit Kommentaren und Herzen (das Like der Süddeutschen) bedacht. Da ist es ja zum ersten Verlagsdeal nicht mehr weit.
Diese Community erinnert mich dezent an emopunk.net damals. Hyperlinks und Mädchen. Da schrieb ich mir mit jemandem, der nie etwas anderes sagte, als “Ich hab ne große Gurke.“ und “Hat der braune Salon heute geöffnet?“. Die meisten User hatten ihn geblockt, ich konnte stundenlang mit ihm diskutieren. Er war so ein guter Zuhörer und mein bester Freund. Er inspirierte uns noch Jahre später zum Namen des neuköllner Trend-Wohnzimmers “Brauner Salon”. (Danke, almighty Gurke).
Auch Pimmel ist mir jetzt(.de) schon ans Herz gewachsen. Meine Eintrittskarte in die Tiefenpsychologie der Community. So viele Fragen…
Ich halte mich durchaus für web-affin, aber der Einzug war wirklich nicht leicht. Aus reiner Neugier klickte ich bei jemandem auf den “Komm küssen“-Button. Das löste irgendwas aus. Ich habe noch nicht rausgefunden was, hoffe aber, dass es sich lediglich um ein aufreizendes Poke handelt (was schon schlimm genug wäre). Auf jeden Fall soll ich mich laut Webseite nun bezüglich dieser Anfrage gedulden.
Ein unfassbares Gefühl von Anonymität vermittelt dieser Ort. Keine Vernetzung mit Facebook, keine realen Freunde, keine 4000 Fotos. Nicht mal Beruf. Oder Alter. Oder Stadt. Ich kann sein, wer ich will. Mutig entschließe ich mich für… Jule Müller. Leider kann auch jeder andere sein, wer er will. Profilfotos sind in der Regel Blumen, Comicfiguren oder grafische Muster. Aus dem Schreibstil muss man sich mühsam sein eigenes, verschobenes Bild des Gegenübers machen.
Ich schreibe mir ja gerne mit Menschen und muss auch nicht lange warten, da stehe ich in Kontakt zu vier Typen und einem Mädchen. Das Mädchen, falls sie denn wirklich eins ist, hat viele Gedichte veröffentlicht, die ich in etwa so gut verstehe wie die Weltwirtschaftsnews. Außerdem scheint Flirten ein ganz großes Thema zu sein. Vielleicht hätte ich kein reales Bild als Avatar wählen sollen… Übertriebene Schönheit führt halt zu hocherotischen Messages. Duh! Und vielleicht hätte meine erste Veröffentlichung nicht das Flirten im Netz thematisieren sollen. Hinterher ist man immer schlauer.
Wie freundet man sich nun mit anderen an? Man muss ihre Texte lesen. Da ich so ungerne lese, adde ich einfach alles, das irgendwie mit mir in Kontakt tritt. Egal ob Eier, Shakespeare oder Pimmel.
Der Pimmel ist wirklich freundlich. Er macht mir Komplimente und erklärt mir die Gepflogenheiten der Seite. Außerdem solle ich mich von dem Shakespeare fernhalten.
Shakespeare spamt derweil schon meine Seite mit Kommentaren zu. Dann schreibt er mir, um mich persönlich zu beleidigen. Ich bin erstaunt. Pimmel hatte Recht. Aber nicht nur Shakespeare ist abgrundtief böse. Auch das Ei wird ausfallend. Ich sei ein Troll und es wäre anmaßend zu behaupten, ich sei seine Mutter. Ich solle mich “wegficken”. Bitte was? Ich vergesse mich und pöble zurück. Es dauert kurz, bis ich realisiere, dass das Ei einfach ein unerfülltes Leben führt und deswegen andere im Netz nerven möchte. Ohmmmmm – Ruhe bewahren.
Immerhin kann man Leute blocken. In Kürze habe ich auf meiner Blockier-Liste mehr Menschen, als bei meinen Freunden. Bei Facebook habe ich nicht eine einzige Seele blockiert. Ich bin ja auch voll freundlich. Warum wollen die alle mit mir streiten? Warum sind die alle so krass am haten?
Nach zwei Tagen beschließe ich, dass diese Seite kein schöner Ort ist, und logge mich für immer aus. Nur den Pimmel nehme ich mit rüber zu Facebook. Mehr hatte jetzt.de nämlich leider nicht zu bieten.
101 gefällt das. Ist ja auch von seiner Mutter.
Danke, Kind.
Ich bin gerne dein Pimmel.
Danke. Das ist lieb.
Ich konnte darüber lachen, danke (:
Dafür wurde es auch geschrieben.
Grüße!
danke für deine schreibereien – ich hab köstlich gelacht ich sag nur finya …..
Wenn die ganze Suche nach einer Partnerin nicht so unglaublich bitter wäre, hätte ich diesen Blog wahrscheinlich zu meinen Favoriten aufgenommen – weil lustig war die Eine oder Andere Anekdote schon. Aber mehr, als sich über ernst gemeinte Zuschriften lustig zu machen, scheinst du hier nicht zu bieten. Und dein schnelles aufgeben nach nur ein paar Tagen bzw. Wochen macht es nicht besser für Männer die suchen. Ja vielleicht sogar genau dich suchen. Aber natürlich könnten sie dich auch direkt über diese Webseite kontaktieren, ist diese bei einschlägigen Google Suchanfragen ja recht weit oben gelistet. Ich versuche immer noch herrauszufinden, ob es an den hormongesteuerten Männern oder an den unrealistischen Anforderungen von Frauen liegt warum Beziehungen auseinander gehen bzw. sich ernste Beziehungen so schwer finden lassen. In meinem Freundeskreis sind jedenfalls schnell Frauen als Schuldige ausgemacht. Was aber auch daran liegen könnte, dass alle so ihre Schwierigkeiten mit dem Bewahren von Beziehungen haben bzw. eine Absage nach der anderen erhalten.
Am interessantesten fand ich dann noch die evolutionstheoretische Begründung. Frauen müssen halt immer nach einem besseren Partner suchen, damit sie den besten Spermiengeber für ihren Nachwuchs finden und Männer müssen halt ein starkes Bedürfnis haben ihr Spermium zu verteilen. Als Resumee könnte man sagen: Das Problem liegt eindeutig bei der Frau und ihrer unermüdlichen Suche nach einem besseren Partner. Wenn die emanzipierte und selbstbewusste Frau mal innehalten würde und sich mit dem zufrieden geben würde was an die Tür klopft, dann gäbe es auch wieder mehr Kinder in Deutschland. Aber stattdessen setzt sie sich unrealistische Ziele von Traumprinzen und perfekten Partnern die so nicht nur selten existieren, sondern gänzlich aus Träumen und Fantasien bestehen.
Mit deiner Meinung über die Unterschiede zwischen Mann und Frau solltest du erst deinen hübschen Kopf und dann diesen Blog füttern.
Hallo Hans,
danke für deinen Kommentar.
Die Bitterkeit, von der du redest, ist ja genau das Problem – sie macht nicht gerade sexy. Das trifft auch auf mich zu.
Dass die Frauen diejenigen sind, die flatterhaft von einem Blümchen zum nächsten streifen, kann ich hier nicht bestätigen. Ich habe das Gefühl, es ist genau andersherum. Meine Expartner zumindest haben ihr Erbgut für meinen Geschmack etwas zu fleißig in der Gegend verteilt. Deswegen suche ich etwas, das mehr Bestand hat. Und das ist leider meist nicht der nächstbeste Otto aus dem Internet.
Aber wie schon oft angedeutet – jedem das seine. Dass ich nicht länger bei Finya geblieben bin, ist letztlich sicher eine Wohltat für alle Beteiligten.
Grüße! Jule.